"OP" von Enno Ahrens (epiklord)

"OP" von Enno Ahrens (epiklord)

Er weiß nichts von meinen Ängsten,
mein Vater, der Chirurg,
operiert gerade, nahe
den Langerhansschen Inseln*,
ganz und gar darauf konzentriert.
Es würde auch nicht gehen,
denn ich wandele auf Trauminseln,
im verstrahlten Bikiniatoll,
spüre gebärende Frauen auf,
mit Kindern wie Geschwüre, während
Vater auf der Suche ist
nach einem Inselkarzinom.
An jenem Ort begegnet er mir -
und dem schmarotzenden Krebs,
den ich ertragen werde wie
Sokrates Xanthippe ertrug;
erwache aus der Betäubung.
Nun hat Vater Zeit für mich.
Er hätte nichts von den Ängsten geahnt;
es gab doch keine Gründe dafür -
eine harmlose Geschwulst, unbedeutend
und alles wäre gut. -
Nur, meine Traumkinder, womit
soll man sie trösten?

*Die "Langerhansschen Inseln" sind Zellagglomerate
in der Bauchspeicheldrüse

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